(OT Info: Reaktion auf Brief: David gegen Goliat - Teil 1.pdf
Zeitliche Linie und Einordnung – die unten beschriebene Handlung passiert parallel zu Abschnitt 7 (Beginnend mit „Finan Der Weg zur Akademie war eher ereignislos…“)
Ort: Hinterwalden, Nordhalben nahe der Academia Occulta)
Grauburger… missmutig sah Falk den beiden Soldaten mit den rotweißen Wappenröcken den er den Weg gewiesen hatte nach, während er seine speckige Bundhaube zurück auf seinen Kopf schob. Kurz zuckte er mit den Schultern, bückte sich, packte erneut die Griffe des Schubkarrens und stemmte sich mit einem leisen Schnaufen hoch. In der Haut des Deserteurs möchte ich nicht stecken… der Große hatte Pranken wie ein Ork… Mit einem entschlossenen Ruck setze der Kohlbauer seinen Karren in Bewegung, wobei einige seiner Prachtstücke bedenklich hin und her kullerten. Der beste Weißkohl in Ganz Hinterwalden. Speck…heute Abend eine feine Krautpfanne mit Speck…das wäre jetzt was… langsam zog Falk seinen Wagen den holprigen Weg entlang in Richtung seiner Kate. Währenddessen fing es leicht an zu regnen, was den herbstlichen Nachmittag nur noch grauer und trostloser wirken ließ. Doch Falk war mit seinen Gedanken bereits bei der Planung seines Abendessens und die Begegnung mit den beiden Häschern der Siefener Trutzwehr war vergessen.
Der Große betrat den Schankraum und musste sich dabei gehörig ducken um durch die schmale und niedrige Eingangstür zu passen. Das Gasthaus war in der üblichen Bauweise der Nordhalbener Landbevölkerung gehalten. Solide Steinwände mit Lehm und Stroh verdichtet, ein niedrig hängendes Rieddach und im inneren eine zentrale Feuerstelle gut zwei mal fünf Schritte groß. Es roch nach Schafsdreck und kaltem Rauch.
Hinter ihm drängte sich ein weiterer Soldat in den Raum. Mit einem leisen Fluch zog er sich die lederne Gugel nach hinten, während er den Boden voll tropfte. „Bei Ordon! Beweg dich… Ruger es schifft!“ Bevor der Große reagieren konnte hatte sich sein Kamerad und Vorgesetzter an ihm vorbei gedrängelt. Ruger selbst war noch dabei den Raum zu erfassen. Keine Gäste, ein leerer Schankraum, wie auch eine Theke linke Hand, ein angebundenes Schaf neben einer offenstehenden Türe zur Rechten. Dahinter schloss sich ein weiterer Raum an. Die Küche dem Geruch nach. Ein Mann, wahrscheinlich der Wirt hinter der Theke. Keine Waffe in der Hand.
Lautes hacken war zu hören und lenkte seine Aufmerksamkeit in Richtung der Küche. Als sich die Augen des Soldaten an das Zwielicht gewöhnt hatten erkannte er auch die hagere Frau durch den Dunst des Raumes hindurch, während diese mit einem Fleischerbeil den Kadaver eines Tieres zerkleinerte. Ohne dass sie sich umdrehte oder abließ von ihrer Tätigkeit ertönte ihre Stimme aus der Küche: „Ulfbrand KUNDSCHAFT!“
Der angesprochene, ebenso schlaksig wie kurz, wischte sich seine Hände an der fleckigen Schürze ab und kam hinter seiner Theke auf der anderen Seite des Raumes aus dem halbdunkel. Selbstverständlich hatte er die ankommenden bemerkt. „Ordon mit Euch! Ihr Herren ein Zimmer für die Nacht und ein gutes warmes Essen?“ Mit schmierigen Lächeln, offensichtlich bemüht seine potenzielle Kundschaft nicht entwischen zu lassen kam er näher. Demütiger als notwendig verbeugte er sich, schwenkte mit der rechten ein dreckiges Geschirrhandtuch und deutete mit der linken auf einen freien Tisch.
„Nicht gerade viel los in eurem…Etablissement!“ Der kleinere Soldat ließ sich auf den leeren Stuhl fallen, öffnete dabei seinen Schwertgürtel und hängte das Waffengehänge um die Stuhllehne. „Die Herren sind früh dran. Nach Sonnenuntergang wird’s sich schon füllen. Was darf ich bringen?“
„Kwas! Und die Anrede ist Wachtmeister Arnd. Merk es dir Bursche.“ Der Wirt zuckte zusammen. Nicht ob der Worte des Soldaten, sondern ob der Tatsache das er das Gefühl hatte das sich seine Welt verdunkelte. Wie durch Hexenzauber wuchs der Große hinter ihm empor und ließ den Wirt leicht herumfahren. Wie konnte sich so ein riesen Klotz nur so lautlos bewegen? „Ah … und ihr Herr ….“ Er stockte kurz, suchte nach einem sichtbaren Rangabzeichen auf dem Gürtelwappen des Berges vor ihm. „Soldat..??!“ „Das selbe! Ruger spricht nicht!“. Der Große schob sich an dem Wirt vorbei und nahm unter ächzen des Stuhles ebenfalls Platz. „Aber bring uns was Gutes und nicht diese pisswarme Brühe die du deinen anderen Kunden unterjubelst!“
Eilig huschte der Mann in die vermeintliche Sicherheit seiner Theke und förderte zwei Humpen zu Tage. Er war sich sicher, wenn der Große es drauf anlegen würde, könnte er wohl einfach durch die Theke stürmen und ihn an der Gurgel packen um sein Genick wie einen Zweig zu brechen. Zügig wischte den Gedanken weg, und zugleich mit dem Lappen nochmal durch die Humpen bevor er sie mit dem aus Brot & altem Zwieback gegarten Trunk füllte. Routiniert ohne etwas zu verschütten brachte er die Bestellung zum Tisch. „Mag der Herr Wachtmeister und sein Kamerad auch etwas essen? Mein Weib hat gerade einen feinen Eintopf mit Rote Beete und Weißkohl fertig.“ Er deutete auf den Kupferkessel welcher über der Feuerstelle baumelte. Mit gesenkten Blick wartete der Wirt auf Antwort, als sein Auge am Gürtelbanner des Wachtmeisters hängen blieb. Schützenauszeichnung in Bronze, das Siefener Schwert in Silber und ein… Wolfsschädel. Eine böse Ahnung überkam den Mann während er aufblickte und in die Augen des Wachtmeisters sah. Dieser hatte den forschenden Blick des Wirtes bemerkt, grinst schmierig und entblößte dabei eine Reihe gelber Zähne. Seine Gesichtszüge hatten plötzlich etwas Bedrohliches. Wie beiläufig zog der Soldat den Hemdsärmel seines linken Armes beiseite. Eine Tätowierung lugte hervor. Das Abbild eines Hundes… nein eines Wolfes.
Fast wäre dem Wirt der zweite Humpen aus der Hand gefallen. Rasch stellte er ihn vor den Großen. „Eintopf klingt gut und Brot“ Der Wirt nickte kaum merklich und eilte ohne ein weiteres Wort in die Küche. „Ich hoffe die Halunken können auch zahlen!“ „schhht!“ Der Mann zischte mehr zu seiner Frau als das er sprach. „Sei bloß still Frau! Das sind vuk…ähm.“ Vor Nervosität war er in die Sprache seiner weldener Heimat verfallen. „…vuk...Wölfe!“ raunte er. Hastig sammelte der Mann zwei Schalen und Besteck zusammen. Dann machte er sich daran zwei dicke Scheiben Brot von einem Laib zu schneiden. Ohne die Stimme jedoch zu senken fuhr die Frau fort: „Wie Wölfe… was für Wölfe?“ „Schhhht!“ Der Wirt wedelte mit der Hand im verzweifelten Versuch sein Weib dazu zu bringen leiser zu sein. „Um Ordons Willen Frau…sprich endlich leiser. Du bringst uns noch um Kopf und Kragen. Das sind Häscher…die suchen jemanden.“ Gehetzt sah er sich um. „…und die sind nie allein!“
Vorsichtig stellte er die dampfenden Schüsseln vor seine zwei Gäste. Gerade wollte er das Besteck und das Brot ablegen, als der Wachtmeister blitzschnell die Halsschlinge der Lederschürze griff und den Wirt somit zwang sich weiter herunter zu beugen. Panik stieg in dem Schankwirt auf. „Du weiß wer wir sind nicht wahr?“ Der Wirt nickte und presste ein „Ja Herr“ hervor. „Wir kommen aus Grauburg!“ er machte eine bedeutungsschwangere Pause, als würde seine Herkunft irgendwas bedeuten. „Wir suchen einen Mann! Dunkelblond, vielleicht ein roter Bart, ca. 1,75m grüngraue Augen. Abgesetzt nachdem er von einer Reise in die Hallgau zurück zur Feste seines Herrn nach Grauburg sollte. Unerlaubtes Entfernen von der Trutzwehr lautet die Anklage. Wir suchen einen Deserteur!“ Die Worte kam hart, kalt und mitleidlos aus dem Munde des Menschenjägers. Der Große der beiden Soldaten machte mit der Hand eine Geste als würde er am Galgen baumeln und ächzte röchelnd. Die Siefener Soldaten grinsten dreckig als sich der Schrecken auf dem Gesicht des Wirtes zeigte. „In letzter Zeit einen Fremden gesehen Wirt?“
Zeitpunkt: kurz bevor Finan mitgenommen wird und Maren ihre Begegnung hat
„Ohhh tschuldijung Herr… dit wollt icke nich wa….“ der offensichtlich schwer betrunkene Mann stolperte mehr als das er ging, kam ins Straucheln und riss dabei fast den Tisch um an dem Hannes saß. Fast die Hälfte des Inhaltes seines Kruges landete dabei auf dem Tisch und ließ Hannes ärgerlich auffahren. Bevor er jedoch eine passende Erwiderung anbringen konnte, taumelte der Betrunkene weiter. Verdammter Trunkenbold. Solche Kerle hatte er ja gern. Großmäulig, aufgeblasen und betrunken. Dabei ein Bild wie ein Landstreicher, in seinen zerschlissenen Landsknechtshosen, mit dem kurzen Flößerhaken in einem abgenutzten Leder-Etui an der Seite seines breiten Gürtels. Das fleckige Matrosenhemd wies ein interessantes Muster aus Schweiß, Bier Dreck und wahrscheinlich auch erbrochenen auf. Solche Kerle hatte Hannes Leben lang schon um sich.
Hannes blickte erschrocken auf, als der letzte Gedanke endete. Moment mal. Irritiert blieb sein Blick auf dem eingesauten Tisch kleben. War das in der Plörre auf dem Tisch ein Symbol… Das Zeichen der Finster-Gasse. Sein Puls überschlug sich. Wo ist der Kerl? Mit schnellen Kopfbewegungen überprüfte er den Schankraum und suchten den betrunkenen Mann.
Hannes Gedanken rasten umher. Und schon war es, als wäre er zu Hause. Alte Reflexe, alte Gefahren und der unbedingte Willen am Leben zu bleiben. Alles zu tun um nicht von dem Moloch der Stadt verschlungen zu werden.
Günzheims Finster-Gassen; In keiner anderen Stadt des Königreiches war die Unterwelt so in das tägliche Stadtleben integriert wie dort. Das Gebiet zwischen den Flößern und dem Anderlingsviertel, in welchen zumeist die die Ärmsten der Stadt leben, war zu gleich berühmt wie berüchtigt. Die Finster-Gassen beherbergen ja nicht nur Bettler & Tagelöhner, sondern auch eine Unmenge fahrendes Volk, Glücksritter, Gauner, Betrüger, Diebe und Dirnen. Hier bekam man wahrlich alles was man sich nur wünschen konnte. Amüsement & Attraktion, Glückspiel & Genuss.
Doch braucht es zweierlei Dinge um einigermaßen beisammen in diesen Ort des Lasters Leben zu können. Naturgemäß begann das Leben hier bei Sonnenuntergang und macht so die Nacht zum Tage.
Dann hinein in die Schatten der Nacht. Dahin gelangte man recht zügig, hatte man jedoch keinen „Stadtführer“ einen von der Gilde lizensierten Begleiter der zu einer der Fraktionen der Stadt gehört, der dafür sorgt, dass man nicht zufällig in Dinge stolpert, die einen nichts angehen, endet so ein Ausflug schnell in einer Kalkgrube vor den Toren der Stadt. Neben diesem Begleiter, der ebenfalls bezahlt werden wollte, bedurfte es selbstverständlich das nötige Kleingeld. Hatte man ausreichend, war eine Nacht in den Finster-Gassen für den normalen Bürger sicherlich ein Erlebnis das unvergessen blieb. Hannes kannte all diese Geschäfte. Er hatte selbst eine Zeit solche Führungen begleitet.
Das zweite war der Willen alles zu tun um am Leben zu bleiben. Den hatte er. Und wenn man die richtigen Leute fragte, würden sie noch hinzufügen: …und verärgere nicht den Onkel!“
Uneingeschränktes Oberhaupt der Diebesgilde wie auch des ganzen Günzheimer Viertels war und ist der „Onkel“. Selbstredend wusste niemand seinen richtigen Namen oder gar seine Herkunft. Auch wie er sich an die Spitze der Gassen gekämpft hatte, wussten nur wenige. Man konnte sich jedoch sicher sein, der Mann war überaus gerissen, vor allem aber skrupellos. Nichts geschah in den Gassen ohne das der Onkel Kenntnis darüber hatte. Denn von jedem bekam der Onkel seinen Anteil. Sei es die Abgabe der Bettler, Diebe oder gedungener Mörder oder die anteilige Beteiligung an Schutzgeldern, Raub & Erpressung; all diese Dinge gehören hier zum Alltag aus welchem Hannes irgendwann einmal ausgespuckt wurde.
Allerdings gehörte Hannes Loyalität Jenny. Anführerin der Flößer der Stadt. Die Flößer waren erbitterte Gegner des Onkels und seiner Langfinger. Was war das für ein Kerl, der aussah wie ein Flößer und ihm das Zeichen der Gasse hinterließ?
Eine Sekunde später polterte die Schanktür auf und ein riesiger Soldat bahnte sich rücksichtslos seinen Weg zum Tisch von Maren und Finan.